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China und die künstliche Intelligenz

Im Sommer 2017 kündigte der chinesische Staatschef und Generalsekretär der kommunistischen Partei Xi Jinping an, China zur Supermacht im Bereich künstlicher Intelligenz machen zu wollen. Bis 2030 wird eine neue KI-Branche mit einem Wert von 130 Milliarden Euro anvisiert. Seit zwei Jahren läuft der technische Fortschritt daher auf Hochtouren. 

Selina Fries
2022-02-16
WCG GmbH & Co.KG

Künstliche Intelligenz als Staatsziel

Die Basis für technologische Entwicklungen bilden enorme Datenmengen. Die Verarbeitung der Daten gestaltet sich in China dabei leichter als beispielsweise in den USA oder Europa. Das ist darauf zurückzuführen, dass die rechtlichen Grenzen im Hinblick auf Datenschutz in China sehr weit gefasst sind. IT- Riesen wie der Suchmaschinenanbieter Baidu oder das Internetunternehmen Tencent haben somit einen viel größeren Zugriff auf Daten als vergleichbare Unternehmen im Westen. Davon profitiert das Land und kann Technologien stets weiterentwickeln. China hat damit bei der Anwendung von künstlichen Intelligenzen einen weiten Vorsprung entwickelt.  Künstliche Intelligenz kann in fast jedem Produkt und jeder Lebenslage zum Einsatz kommen, somit bildet sie die Schlüsseltechnologie der Weltwirtschaft von morgen. Um sein Ziel zu erreichen und möglichst viele Bereiche bei den technologischen Entwicklungen abzudecken, stellte Jinping ein Expertenteam zusammen. So bildet beispielsweise das automatisierte Fahren das Spezialgebiet des Suchmaschinenbetreibers Baidu. Der E-Commerce-Riese Alibaba soll Städte mittels künstlicher Intelligenz intelligenter und effizienter machen. Während Tencent künstliche Intelligenz in der Gesundheitsbranche vorantreiben soll, beschäftigt sich das Unternehmen iFlytek mit dem Thema Spracherkennung. 

KI in der Politik

Das chinesische Außenministerium hat 2018 erstmals eine künstliche Intelligenz als Beratungsinstanz eingesetzt. So bietet die KI den Politikern je nach außenpolitischer Fragestellung innerhalb kürzester Zeit mögliche Handlungsoptionen an. Die maschinelle Beratung dient bisher jedoch lediglich als Stütze. Die Entscheidungsfindung obliegt noch immer den Politikern. 

City Brain Project 

Ein Jahr lang sammelte  der E-Commerce-Riese Alibaba im chinesischen Hangzhou riesige Mengen an Daten und ließ sie von künstlichen Intelligenzen auswerten. Von Videoaufnahmen über Einträge aus sozialen Netzwerken bis hin zu Verkehrsinformationen blieb nichts verborgen. Ziel des sogenannten City Brain Projects war es, das Leben in der Stadt Hangzhou zu verbessern und die Sicherheit zu erhöhen. Um dieses Ziel zu erreichen, mussten verschiedene Lebensbereiche kontrolliert werden. So wurden an unterschiedlichsten Orten Kameras angebracht oder aktuellste Daten wie zum Beispiel die Auswertung der Verkehrslage direkt an die Smartphones der Verkehrsteilnehmer gesendet. Vor allem Notdienste und Feuerwehr sollten von der Überwachung an öffentlichen Plätzen profitieren. Rettungssanitäter können über ihre Mobilgeräte direkt einsehen, wie viele Fahrzeuge sich auf den Straßen befinden und welche die schnellste Route zum Unfallort ist. Die City-Brain-Technologie kann auf Basis der Datenauswertung beispielsweise Ampelphasen ändern und die Notärzte so schneller an der Unfallstelle eintreffen zu lassen. Darüber hinaus sind auch die anderen Verkehrsteilnehmer stets über das aktuelle Geschehen informiert, sodass sie sich der Verkehrslage anpassen können und damit lange Staus verhindern. Dank artificial intelligence werden Daten in wichtige Informationen für alle Bürger umgewandelt. So kam es während der Zeit des Projektes zu weniger Verkehrsunfällen als üblich. Auch für die Feuerwehr bieten sich durch City Brain Vorteile. Die Einsatzkräfte konnten die Anzahl und Lagerorte von Feuerhydranten mittels der smarten Technologie schon vorzeitig ermitteln und mussten ebenso die Lage von Gasleitungen nicht erst am Einsatzort ausfindig machen. Durch die stete Kameraüberwachung sank auch die Kriminalitätsrate in Hangzhou. Die Stadt feierte das Projekt als vollen Erfolg. City Brain soll nun in weiteren Provinzen getestet werden. 

Mit der Kamera zum Lernerfolg

Auch in den Schulen Chinas soll sich die Nutzung künstlicher Intelligenz etablieren. In Hangzhou kommt mittlerweile die Gesichtserkennung zum Einsatz, beispielsweise in der Schulcafeteria: Die Kinder stellen sich vor einen Scanner, welcher anhand von Gesichtserkennung die vorab festgelegte Menü-Bestellung an das Mensa-Personal weitergibt. Das System wertet die Daten der Schüler anschließend aus und erstellt auf Basis der Bestellungen einen Ernährungsbericht. Essen die Kinder zu einseitig, liefert der Computer direkt Optimierungsvorschläge. Die Schüler sind begeistert. So sei die neue Technologie viel bequemer, die alten Mensa-Chips habe man immer mal wieder vergessen. Auch die Schulbibliothek verleiht Bücher nur noch mit einem zuvor erstellten Gesichtsscan. Kommt ein Schüler oder eine Schülerin in Hangzhou zu spät zum Unterricht, steht er oder sie zunächst vor verschlossener Tür. Erst nachdem sich die Lernenden mittels Gesichtserkennung angemeldet haben, dürfen sie den Schulhof betreten. Das System schickt währenddessen parallel eine Benachrichtigung mit dem Namen des Kindes an das Smartphone der Lehrkraft.

Bis vor Kurzem hingen in den Klassenräumen der Hangzhou-Oberschule Kameras. Diese zeichneten das Verhalten eines jeden einzelnen Schülers auf. Die Daten wurden dann von künstlichen Intelligenzen aufbereitet und analysiert. Die Gesichtsausdrücke der Schüler werden dabei genauestens ausgewertet. So können Lehrer und Eltern erfassen, wie gut die Kinder sich im Unterricht konzentrieren und, ob sie fleißig lernen. Die Schüler selbst erhalten wiederum Tipps für mehr Aufmerksamkeit, um sich in der nächsten Unterrichtsstunde vermehrt anzustrengen. Doch es gab bereits einige Kontroversen in Bezug auf dieses Überwachungssystem. Chinesische Staatsmedien übten Kritik aus und auch einige Eltern wehrten sich. Das System wurde daher abgeschaltet. Der Schulleiter plant jedoch den weiteren Einsatz der Kameras. Er möchte mit seiner Schule chinaweit Vorreiter werden.

Chinas Punktesystem

Die Überwachung mittels Kameras beschränkt sich in China nicht nur auf Klassenräume. Öffentliche Plätze wie Parks, Kreuzungen oder auch Konzerte, überall sind Kameras installiert. Die chinesischen Bürger können sich kaum noch unbemerkt bewegen. Das soll für Sicherheit sorgen. In Zeiten von Big Data und künstlicher Intelligenz ist es für den Staat ein Leichtes, an Informationen über seine Bürger zu kommen. So werden die enormen Datenmassen von Chinas Führern zur Überwachung genutzt. Mehr noch: Mit den neuen digitalen Möglichkeiten sollen die Menschen erzogen werden. Ab 2020 möchte China ein landesweites Punktesystem einführen, welches die Handlungen der Einwohner in allen Lebensbereichen bewertet. Doch kann das wirklich zu einem besseren Leben führen oder endet dieses System bloß in der totalen Kontrolle?

Status quo

Bisher laufen über 40 Pilotprojekte. Jegliche Alltagshandlung kann Einfluss auf die eigene Bewertung haben. So erhält man für den Besuch bei den Schwiegereltern Pluspunkte und für das Fahren mit erhöhter Geschwindigkeit Punktabzüge. Der Punktestand der Bürger hat wiederum einen enormen Einfluss auf deren Leben. Jobs oder Wohnungen sind von einem guten Punktestand abhängig. Gegenüber den Medien zeigen sich die Chinesen begeistert. Es helfe ihnen tatsächlich, zu einem besseren Menschen zu werden, zudem schütze das System sie vor Kriminalität. Was sollen die Bürger vor den Kameras auch anderes sagen, für jede Zuwiderhandlung gibt es ja Punktabzug. 

Fazit

In Deutschland erscheint uns ein solches System (noch) unvorstellbar. Das Punktesystem lässt den Datenschutz außen vor und gibt eine freie Entfaltung der Individuen auf. Um eine effizientere Herrschaftspolitik der kommunistischen Partei zu generieren und das autoritäre Regime Chinas stabil zu halten, bildet die künstliche Intelligenz letztlich jedoch eine Schlüsseltechnologie.

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