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Dürr – vom Handwerksbetrieb zum Führenden Technologiekonzern

„Jeden Morgen erwacht in Afrika eine Gazelle. Sie weiß, dass sie schneller sein muss als der schnellste Löwe. Jeden Morgen erwacht in Afrika ein Löwe. Er weiß, dass er nicht langsamer sein darf als die langsamste Gazelle. Egal, ob wir Gazelle sind oder Löwe – wir müssen rennen!“ Dieses Zitat stammt von Heinz Dürr. Jenem Heinz Dürr, der als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn AG, als Sanierer von AEG und vor allem als Lenker des Familienkonzerns Dürr viel gerannt ist – und das meistens schneller als die anderen. 1957 als Schlosserlehrling ins Unternehmen eingetreten, baute er die Otto Dürr Industrie Anlagen GmbH bis 1980 zur international tätigen Dürr-Gruppe um.

Lea Heuchtkötter

Heute ist die Dürr AG einer der weltweit führenden Maschinen- und Anlagenbauer mit Vertretungen in 23 Ländern, 7.300 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 1,9 Mrd. Euro (2011). Der Konzern beliefert die Automobilindustrie, die Flugzeugindustrie, den Maschinenbau sowie die Chemie- und Pharmaindustrie mit innovativer Produktions- und Umwelttechnik und ist Weltmarktführer im Bereich Lackieranlagen: In über der Hälfte der weltweiten Automobilwerke wird mit den Anlagen der Schwaben lackiert. Dürr ist ohne Zweifel eine der stärksten Marken im deutschen Maschinen- und Anlagenbau.

Die Wurzeln

Begonnen hat alles als kleiner Handwerksbetrieb im Jahr 1895. In Stuttgart-Bad Cannstatt macht sich Paul Dürr, der Großvater von Heinz, einen Namen als Bauflaschner. Er fertigt Metalldächer und steigt später in die Blechbearbeitung ein. 1932 übernimmt Otto Dürr den Betrieb seines Vaters. Mit der Einrichtung eines Konstruktionsbüros beginnt die Entwicklung hin zum Engineering-Unternehmen in seiner heutigen Form.

Inspiriert von einer USA-Reise wagt Otto Dürr den Einstieg in den Anlagenbau. 1950 entsteht die erste Anlage für die chemische Oberflächenbehandlung, weitere Aufträge aus der Automobilindustrie folgen. 1963 schafft Dürr den Durchbruch: Im belgischen Ford-Werk Genk wird die erste Anlage zur elektrophoretischen Tauchlackierung installiert. Bereits Mitte der sechziger Jahre – mittlerweile ist Heinz in die Geschäftsführung eingestiegen – folgt Dürr seinen Kunden ins Ausland: 1964 und 1966 werden Tochterunternehmen in Brasilien und Mexiko gegründet.

Ausbau zum internationalen Konzern

1968 erweitert Dürr sein Portfolio um den Bereich der Umwelttechnik. Nach über zehnjähriger Zusammenarbeit mit dem Vater führt Heinz Dürr ab 1969 das Unternehmen allein. Ein Jahr später gründet Dürr seine erste Gesellschaft in den USA. Die Internationalisierung wird mit dem Aufbau weiterer Auslandsgesellschaften fortgesetzt. 1978 steigt Dürr in den Bereich Automation und Fördertechnik ein. Damit bietet der Konzern nicht nur die Lackieranlagentechnik selbst, sondern auch Lösungen für den Transport der Karosserien in der Lackiererei – ein wichtiger Schritt hin zum Systemanbieter. Bereits 1985 gründet Dürr als einer der ersten deutschen Maschinen- und Anlagenbauer eine eigene Gesellschaft in China.

Vier Jahre später wagt das Unternehmen den Schritt an die Börse. Das folgende Jahrzehnt ist von Akquisitionen gekennzeichnet: Dürr übernimmt den französischen Wettbewerber Alstom Automation und den Messtechnik-Konzern Schenck. Mit Letzterem etabliert sich Dürr als Komplettanbieter für die Fahrzeugendmontage und steht auch in der Auswucht- und Diagnosetechnik an der Spitze des Weltmarktes.

Das Unternehmen gerät in Schieflage

Doch mit der Akquisitionsstrategie verrennt sich Heinz Dürr – mittlerweile Vorsitzender des Aufsichtsrats – erstmals: Zwar erhält sein Unternehmen im Jahr 2003 den größten Auftrag der Firmengeschichte – General Motors bestellt in Nordamerika drei Lackierereien im Paket. Aber auch dieser Erfolg kann nicht über die Schieflage hinwegtäuschen, in die der Familienkonzern durch die extensive Einkaufstour geraten ist. Als die Commerzbank ihre Forderungen an Hedge-Fonds verkauft, droht Dürr von Investoren übernommen zu werden. Nur durch Notverkäufe rentabler Sparten kann das Unternehmen die Schulden verringern und die Banken beruhigen. Auch die Eigentümerfamilie muss Kapital zuschießen.

Der Turnaround

Der von Heinz Dürr berufene neue Vorstandschef Ralf Dieter – bis heute operativer Steuermann des Konzerns – reißt das Ruder herum: Konzentration auf das Kerngeschäft heißt nun die Devise. Der studierte Volkswirt kommt zunächst um Entlassungen nicht herum, ist sich aber mit Heinz Dürr einig, dass „Unternehmen gesellschaftliche Veranstaltungen sind“. Fortan versucht er, mit intelligenteren Prozessen anstelle von Entlassungen zu Profitabilität zurückzukehren. Und es gelingt ihm: Dieter senkt die Verwaltungskosten, sorgt für effizientere Abläufe und steigert bereits 2006 das Ergebnis auf 39,1 Mio. Euro. Fünf Jahre später liegt dieses bei 106,5 Mio. Euro und Dürr blickt auf das beste Jahr der Firmengeschichte zurück.

Das honoriert auch die Börse: Im März 2012 steigt die Aktie der Dürr AG vom SDax in den MDax auf, den Auswahlindex der Deutschen Börse für mittelgroße Aktiengesellschaften. Der Konzern sichert sich so einen verbesserten Zugang zu neuen Investoren und eine höhere Aufmerksamkeit am Kapitalmarkt. Hervorragende Quartalszahlen lassen den Kurs der Dürr-Aktie zwischen Januar und August 2012 um 58 Prozent auf 55,60 Euro steigen.

Die Zukunft

Die Aussichten für den Familienkonzern sind rosig: 2012 konnte Dürr eine Reihe von Großprojekten an Land ziehen – von einer Triebwerks-Montagelinie im mexikanischen Querétaro über 155 Lackierroboter bei Volkswagen in Bratislava bis hin zu den Lackieranlagen des erweiterten Porsche- Werks in Leipzig. Die Auftragsbücher der Schwaben sind prall gefüllt und sichern die Auslastung für rund neun Monate im Voraus. Fast alle sieben Geschäftsbereiche sind auf ihrem Tätigkeitsgebiet Weltmarktführer mit Marktanteilen von 30 bis 50 Prozent.

Aber immer noch erzielt das Unternehmen gut 80 Prozent seines Umsatzes mit der Automobilindustrie. Welche Strategien verfolgt Dürr, um bei der nächsten Krise dieser Schlüsselindustrie nicht mitgerissen zu werden? Ganz vorne steht hier die Konzentration auf die Emerging Markets. In den Schwellenländern ist im Bereich Automobil auf Jahre hinaus nicht mit einer Krise zu rechnen. Im Gegenteil: Es gibt noch deutlich Luft nach oben. Alleine in Südostasien wird die Automobilproduktion nach Expertenschätzungen bis 2016 durchschnittlich um über 10 % pro Jahr wachsen. Die großen Automobilisten erhöhen ihre Kapazitäten vor Ort – und mit ihnen Dürr. Neben China ist Dürr in Indien, Japan, Südkorea und seit Juni 2012 auch in Thailand mit eigenen Gesellschaften vertreten.

Fokus auf Innovationen und neue Geschäftsfelder

Jenseits der Automobilindustrie setzt Dürr auf Innovationen. Hierfür sollen die F&E-Ausgaben in den kommenden Jahren weiter erhöht werden. Zu den Schwerpunkten des Innovationsmanagements zählen die Flexibilisierung und die energetische Optimierung der Produkte und Anlagen. Ferner hat sich Dürr die Erschließung neuer Geschäftsfelder wie beispielsweise der Klebetechnik sowie der Automatisierungs- und Befülltechnik auf die Fahne geschrieben. Die Erschließung der neuen Geschäftsfelder soll auch über Akquisitionen erfolgen – allerdings mit kleineren und sinnvolleren Zukäufen als in der Vergangenheit. Die Kasse dafür ist mit mehr als 230 Mio. Euro gefüllt.

Auch für die Nachfolge im Hause Dürr hat der 79-jährige Patriarch erste Weichen gestellt: Der Vater dreier Töchter holte 2006 seine mittlere Tochter in den Aufsichtsrat des Unternehmens. Im Hauptberuf ist Alexandra Dürr allerdings Leiterin einer neurogenetischen Klinik in Paris und hat dort auch klar ihren Lebensmittelpunkt. Eine Übernahme der Vorstandsfunktion wäre wohl nur möglich, wenn sie die Multi-Tasking-Fähigkeiten ihres Vaters geerbt hat.

Ohne Zweifel: Dürr ist seit Jahren wieder mehr Löwe als Gazelle. Rennen wird der Konzern dennoch weiter. Denn obwohl der Unternehmensanteil der Familie Dürr über die Jahre von 100 % kontinuierlich auf jetzt knapp unter 30 % reduziert worden ist, hat Übervater Heinz Dürr diese Devise fest in der DNA des Unternehmens verankert.

2023-05-04
WCG GmbH & Co.KG
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