

"Eine Marke muss mir als Kunde mehr versprechen als etwa Qualität oder ein bestimmtes Image.“
Durch ist das Thema nicht, weil es noch gar nicht richtig verstanden wurde. Das Problem ist schlicht und ergreifend, dass unter dem Begriff sehr viele unterschiedliche Sachen verstanden werden. Die einen verstehen darunter irgendwelche Sponsoring-Aktivitäten – beispielsweise 10 Prozent der Einnahmen eines Produktes gehen an einen guten Zweck oder ähnliches. Oder Unternehmen machen Volunteering-Aktionen mit ihren Mitarbeitern, die dann etwa den Müll in einem Stadtpark aufklauben. Und das wird als CSR verkauft. Dabei ist CSR eigentlich ein Managementansatz beziehungsweise das Management der Auswirkungen, die ein Unternehmen auf die Mitarbeiter, auf die Umwelt, auf die Gesellschaft hat. Fragen hierbei sind: Wie führe ich mein Geschäft? Wie gehe ich mit den Auswirkungen um, wie mit Beschwerden, mit meinen Kunden, Mitarbeitern und Lieferanten? Das ist eigentlich das, was CSR ist und da sind wir noch lange nicht durch. Dieses Verständnis ist noch nicht in der breiten Masse angekommen.
Das stimmt schon, dass heute alles Mögliche unter dem Begriff CSR subsummiert wird, weil der Begriff in und cool ist und sozusagen nach etwas Gutem klingt. Ich berate ja eine ganze Reihe Unternehmen und rate denen immer, zwei Dinge zu trennen. Das eine, nach außen gerichtete, in einer Sponsoring-Abteilung unterzubringen und das andere in einer CSR-Abteilung. CSR wirkt nämlich nach innen und nach außen und beschäftigt sich mit den Auswirkungen meines unternehmerischen Handelns. Das sollte unterschieden werden. Ich fliege sehr viel und wenn ich im Flieger die Hefte der Fluglinien aufschlage, sehe ich jede Menge, das unter dem Namen CSR verkauft wird, etwa das Geld sammeln für eine Schule in Bangladesh, was aber mit den Auswirkungen des Flugbetriebes eigentlich gar nichts zu tun hat. Natürlich wird hier Geld verwendet, um einen guten Zweck zu erfüllen, ohne jedoch, dass das Unternehmen etwas an seiner Geschäftstätigkeit verbessert.
Ich glaube, das Wichtigste ist hier Glaubwürdigkeit. Ich muss einer Marke vertrauen können. Die Marke ist ein Versprechen, das man abgibt. Zunehmend wird für mich als Käufer auch wichtig, wie ein Produkt erzeugt wurde. Es dreht sich also nicht mehr nur um das Was, sondern immer wieder auch um das Wie. Wurde beispielsweise Kinderarbeit eingesetzt, so wird dieses Produkt nicht mein Produkt werden. Es gibt nur sehr wenige Leute, die wenn sie wissen, dass ein Produkt durch Kinderarbeit erzeugt wurde, dieses noch kaufen. Der Punkt ist, dass mir die Marke als Kunde mehr versprechen muss als etwa Qualität oder ein bestimmtes Image. Ich muss auch darauf vertrauen können, dass keine Kinder oder sonstige Mitarbeiter ausgebeutet oder Umwelt zerstört wurde. Das Produkt muss so hergestellt sein, dass ich mich damit auch zeigen kann. Ich will quasi mit gutem Gewissen das ganze Produkt kaufen und verwenden können. Und gerade Markenartikler gehören zu meinen größten Kunden, weil denen sehr klar ist, dass sie hier mehr tun müssen als jetzt nur gute Qualität zu bieten. Das hat schon vor einigen Jahren begonnen, als viel in Umweltschutz investiert wurde, ob das jetzt die hellgefärbte, sandgestrahlte Jeans ist oder alternative Lederproduktion für Handtaschen. Bei Louis Vuitton, einem meiner damaligen Kunden, war das ein großes Thema. Inzwischen ist das erweitert um Themen wie Arbeitsbedingungen, aber auch Korruption oder Steuern. All das sind mittlerweile Aspekte, die mit Marken verknüpft werden. Daher ist es für Unternehmen, die Marken kreieren oder erhalten wollen, wichtig, sich auch mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Alles andere wäre riskant.
Ich sage es ganz ehrlich. Ich bin ein Verfechter von dem Standpunkt, dass man CSR verordnen muss. Damit mache ich mich vielleicht bei Industrieverbänden unbeliebt, aber es passiert nichts, wenn es nicht gesetzlich verordnet ist. Es wird natürlich ein paar First Mover geben, die die Ersten sein wollen in dem Bereich. Und es wird diejenigen geben, die das wirklich aus innerer Überzeugung machen. Die große Zahl an Unternehmen aber, gerade kleine und mittlere Unternehmen, die machen das dann nicht, wenn sie nicht vom Gesetzgeber dazu veranlasst werden. Das ist so wie bei der Frauenquote in Vorständen. Man kann natürlich sagen, wir arbeiten in einem Klima, das mehr Frauen in höhere Positionen bringt. Das kann über die nächsten 60, 70 Jahre funktionieren oder ich setze eben eine solche Quote fest, durch die ich es verordne, um diesen Prozess zu beschleunigen.
Auch in Sachen CSR geht es darum, den Prozess zu beschleunigen. Diese EU-Verordnung ist ohnehin sehr weich formuliert. In Österreich hat der Gesetzgeber zumindest in der Übergangsfrist keine Strafen vorgesehen, wenn man sich nicht daran hält. Es wird hier mit kleinstem Druck gearbeitet. Aber trotzdem muss man das, so leid mir das tut, wohl so handhaben.
Der größte Fallstrick liegt darin, die CSR-Arbeit in einer eigens gegründeten CSR-Abteilung anzusiedeln und der Rest des Unternehmens hat keine Ahnung davon, was diese Abteilung macht. Irgendwann haben wir dann Widersprüche, weil die CSR-Abteilung behauptet, das Unternehmen arbeite auf eine bestimmte Art und Weise und in Wirklichkeit wird es ganz anders gehandhabt.
Die Verankerung geschieht daher immer von oben. CSR ist ein Top-Down-Prozess. Das fängt beim Vorstand, der Unternehmensmission und den Werten des Unternehmens an, tröpfelt dann sozusagen hinunter bis zum Mitarbeiter in der Produktion. Die Führung muss Werte vorleben. Wenn die Mitarbeiter sehen, dass der Chef korrupt ist oder sich nicht an bestehende Vorschriften hält, wird das mittlere Management ähnlich handeln und dieses Verhalten setzt sich dann kaskadenmäßig nach unten hin fort.
In mittelständischen Unternehmen ist das ohnehin häufig der Fall. Schwieriger ist das bei Aktiengesellschaften oder managementgeführten Unternehmungen, wo ich auf fünf Jahre bestellte Manager habe, die nicht wirklich interessiert, was langfristig passiert. Da ist der Mittelstand schon recht gut drin, nur hat er es noch nicht ganz verstanden, dass CSR nicht eine Ausgabe ist, sondern eine Investition, die das Geschäft beflügeln kann.
Da gibt es schon noch Nachholbedarf. Das liegt auch an dem schon erwähnten Missverständnis, was CSR eigentlich ist. Und so wird eben kommuniziert, dass etwa die Mitarbeiter Zeit dafür investiert haben, um alten Leuten über die Straße zu helfen. Man kommuniziert aber nicht, wenn man ein Programm entwickelt hat, um die Mitarbeiter langfristig an das Unternehmen zu binden, oder wenn die Fluktuationsrate erneut gefallen ist, weil das Arbeitsklima so gut ist. Das wäre eigentlich viel interessanter und aussagekräftiger für ein Unternehmen. Auch im Hinblick darauf, ob ein Unternehmen ein guter Arbeitgeber ist, bei dem sich Young Talents bewerben möchten. Alten Leuten hilft heute jeder über die Straße, das ist nichts, was ein Unternehmen abgrenzt von anderen. Oft wird noch das Falsche kommuniziert, dabei sind gerade Themen wie die Mitarbeiterzufriedenheit, die Kundenzufriedenheit, das Beschwerdemanagement so wichtig.