Brandzeichen

Gemeinsam stärker

Wie Sunderner Unternehmer ihr eigenes Standortmarketing betreiben.

Lea Heuchtkötter

Sundern im Hochsauerland. Hier feiert die Idylle Sonntag: 28.000 Einwohner besiedeln die 16 zum Stadtgebiet gehörenden Ortschaften im Naturpark Sauerland-Rothaargebirge. 500m hohe Berge umrahmen das Idyll; der Sorpesee liegt direkt vor den Toren der Stadt. In den letzten Jahren wurde viel Geld in den Ausbau des Tourismus gesteckt: 2010 entstand entlang der Sorpe eine wunderschöne Promenade, viele Restaurants und Gaststätten siedelten sich an, die Zahl der Betten stieg.

Trotz aller Idylle und des Standbeins Tourismus hat die noch junge Stadt ein Attraktivitätsproblem. 1975 im Rahmen der kommunalen Neugliederung gegründet, verzeichnete sie 1999 ihren Bevölkerungshöchststand mit 29.970 Einwohnern, im Jahr 2015 waren es nur noch 28.166. Sundern wird von Land-, Kreis- und Ortsstraßen erschlossen, Bundesstraßen verlaufen über das Stadtgebiet, aber eine direkte Anbindung an eine Autobahn gibt es nicht. Eine Schienenanbindung besteht zwar, doch erfolgt die Bedienung durch vereinzelte Güter- und Sonderzüge nur sehr spärlich. Damit liegt Sundern jwd (berlinisch: „janz weit draußen“). Gute wirtschaftliche Standortbedingungen sehen anders aus.

Von der Idee zur Umsetzung

Als im Jahr 2014 aufgrund einiger gescheiterter kommunaler Projekte dazu noch das Wort von der „Stadt der Pleiten“ die Runde machte, reichte es einigen Sunderner Unternehmern. Auf der Geburtstagsfeier eines gemeinsamen Bekannten beschlossen sie, diesem Negativimage die positive Seite ihrer Stadt entgegen zu setzen und deren Stärken hervorzuheben. Denn Sundern liegt nicht nur in einer idyllischen Landschaft, die Stadt ist auch ein traditioneller Industriestandort: Bergbau und Verhüttung waren vom Mittelalter bis Ende des 19. Jahrhunderts ein wichtiger Wirtschaftszweig. In der Nachkriegszeit ging die Entwicklung rasant weiter: Ursprüngliche Handwerksbetriebe wuchsen zu industriellen Produktionen, findige Unternehmer gründeten neu. Heute überwiegen die metallverarbeitende Industrie, Automobilzulieferer, die Herstellung von Leuchten sowie die Produktion von Papier und Kartonagen. Die gewerbliche Struktur der Stadt setzt sich aus kleinen und mittelständischen – meist familiengeführten – Unternehmen zusammen, darunter europäische Marktführer und Inhaber zahlreicher Patente.

Anders als die meisten in Partylaune entstandenen Ideen verlief die der fünf Sunderner Unternehmer nicht im Sande. Im Gegenteil: Zu den Fünfen gesellten sich schnell sieben weitere gleichgesinnte Firmenlenker. Gemeinsam gründeten sie im Juni 2014 die „Initiative Sunderner Unternehmen“ – „einsU“. Ihr Ziel: die Stärkung, Weiterentwicklung und positive Außendarstellung des Wirtschaftsstandortes Sundern. Zweieinhalb Jahre später ist die Initiative auf 17 – mit Tochterunternehmen sogar 21 - Mitgliedsunternehmen angewachsen, die zusammen rund 3.200 Arbeitsplätze stellen und mehr als 150 junge Leute in fast 40 verschiedenen Ausbildungsberufen und dualen Studiengängen ausbilden. Die ältesten Unternehmen weisen Gründungsjahre im 19. Jahrhundert aus, die jüngsten sind rund 25 Jahre am Standort. Mit dem Slogan: „Mein Sundern ist ein starkes Sundern“ werben die Unternehmen für ihren Standort.

Von der Ernsthaftigkeit der Initiative zeugt nicht nur eine professionelle Imagekampagne, eine umfangreiche Broschüre zu Ausbildungs- und Karriereperspektiven, ein aussagekräftiger Internetauftritt und eine lebendige Facebook-Seite. Nein, wirklich beeindruckend ist das tatsächliche Engagement der Unternehmer, die Zahl der konkreten Projekte und was aus ihnen erwächst. In vier Arbeitskreisen konzentriert sich einsU auf die Bereiche Ausbildung, Arbeitgeberqualität, Kommunikation mit Politik und Stadtverwaltung sowie Sponsoring – und hat darüber schon viel bewegt.

Employer Branding

„Im Bereich der Ausbildungsförderung stehen wir mittlerweile in engem Kontakt mit allen städtischen Schulen“, berichtet Barbara Vielhaber, Inhaberin des Sunderner Meinungsforschungsbüros kmf vielhaber und Koordinatorin der Initiative. „In jeder Schule steht eines unserer Info-Regale, in denen die Schülerinnen und Schüler alle Informationen zu den Ausbildungsmöglichkeiten bei unseren Mitgliedsunternehmen finden. Zudem bieten wir Betriebsbesichtigungen an – ein  Angebot, das mittlerweile auch ganze Gruppen von Lehrern annehmen, denen als direkte Bezugspersonen mit berufsberatender Aufgabe eine wichtige Mittlerrolle zukommt.“ Auch die gemeinsame Teilnahme der Mitgliedsunternehmen an Ausbildungsbörsen und -messen trägt erste Früchte. Zudem konnte die Initiative einen pensionierten Lehrer gewinnen, der nun als einsU-Botschafter gegenüber den Schulen fungiert. Eine seiner Aufgaben ist der Aufbau eines Ehemaligen-Netzwerks mit Sunderner Schulabgängern und Studierenden.

„Unsere Initiative richtet sich neben den Auszubildenden aber auch bewusst an Studierende, die in Sundern aufgewachsen sind. Mit diversen Aktionen wollen wir deren Bewusstsein für die Vorteile vom Leben und Arbeiten in Sundern stärken“, erklärt Vielhaber. So hat einsU  beispielsweise die Workshop-Reihe „Vitamin B“ ins Leben gerufen, im Rahmen derer Studierende der umliegenden Hochschulen die Chance haben, hinter die Kulissen der Mitgliedsunternehmen zu schauen, an Coaching-Maßnahmen teilzunehmen und sich direkt mit den Unternehmern zu unterhalten. „Da fällt ganz schnell die Hemmschwelle und es ergeben sich richtig gute Gespräche.“ Dieses Bündel an Maßnahmen hat dazu geführt, dass die Unternehmen der Initiative einsU deutlich näher an ihre Zielgruppe gerückt sind.

Kommunikation

Um die wirtschaftlichen Grundlagen fest in der Kommunalpolitik zu verankern, stand einsU von Anfang an auch in regelmäßigem Austausch mit den Sunderner Parteien. Die Unternehmer verlangen eine klare politische Ausrichtung auf Wirtschaftsfreundlichkeit und die Belange des Mittelstands. Denn nur wo Arbeit ist, können Menschen gut leben. Zu den Forderungen von einsU gehört die Entwicklung von Gewerbeflächen oder der Breitbandausbau genauso wie die Schaffung gleicher Bedingungen für Mittelstand und Konzerne – beispielsweise in Bezug auf das internationale Verschieben und Kleinrechnen von Steuerpflichten.

Auch hier trägt die Arbeit von einsU erste Früchte: So wurde nach mehr als einem Jahr die wichtige Funktion der Wirtschaftsförderung in Sundern neu besetzt. Die Schaffung einer Vollzeitstelle für diese Funktion in der Stadtverwaltung ging auch anteilig auf das Konto der Unternehmerinitiative, die an dem Konzept mitarbeitete.

Sponsoring

Die vierte Säule der Arbeit von einsU ist die Unterstützung von Sunderner Vereinen und Institutionen aus den Bereichen Bildung, Kultur und Sport. Lokale Spenden- und Sponsoring-Projekte werden initiiert, gemeinsam getragen und publiziert. Nach der Maxime „Mehr Bildung, mehr Sport, mehr Kultur = mehr Solidarität“ setzen sich die Unternehmer für das gesellschaftliche Leben in Sundern ein. „Es ist uns wichtig, vor allem der Jugend in Sundern eine attraktive Stadt zu bieten, in der sie Chancen und Möglichkeiten für ihre Zukunft sehen können“, erläutert Vielhaber die Motivation dahinter.

Die Unternehmerinitiative unterstützt so unterschiedliche Projekte wie Musikwettbewerbe, Spielplatz- und Raumneugestaltungen in Einrichtungen für Kinderbetreuung, die Arbeit der örtlichen DLRG, die lokale Flüchtlingshilfe oder das Kinderschützenfest. Einzelne Abteilungen des TuS Sundern profitieren ebenso von dem Engagement wie die Volleyball-Mädchen des RC Sorpesee, die 2015 den Aufstieg in die zweite Bundesliga schafften.

Unterstützt wird auch das „Welt: Klasse“-Bildungskonzept des örtlichen Gymnasiums. Dieses ermöglicht jährlich bis zu 12 Schülern der Jahrgangsstufe EF eine vierwöchige Lernerfahrung in China und Kenia unter Einbindung ihrer gesamten Jahrgangsstufe. Die Schüler leben in Gastfamilien und arbeiten mit lokalen Jugendlichen in interkulturellen Teams. Über Videoschaltungen und Internetblog halten sie Kontakt zu ihrer Jahrgangsstufe. Die Sunderner Unternehmer betonen die Bedeutung solcher Erfahrungen in einer sich unaufhaltsam globalisierenden Welt: „Die Welt ist einfach zu groß, als dass man nur Sundern sieht. Wir leben zwar gerne hier und wollen hier auch nicht weg, aber das kann man auch erst sagen, wenn man andere Orte auf der Welt entdeckt hat.“

Ausgezeichnete Initiative

Die Arbeit von einsU ist so überzeugend, dass sich die Unternehmerinitiative mittlerweile über die Grenzen Sunderns hinaus einen Namen gemacht hat: 2016 zeichnete der Unternehmerverlag Südwestfalen die Initiative mit dem Unternehmerpreis Südwestfalen in der Kategorie „Projekt“ aus. Neben der gestiegenen öffentlichen Wahrnehmung, hat die intensive gemeinsame Arbeit der Unternehmer noch einen weiteren Effekt: „Von Anfang an war auch die Bündelung der Kräfte nach innen und die verstärkte Kooperation untereinander ein erklärtes Ziel von einsU“, erklärt Barbara Vielhaber. „Dies ist in einem Maße eingetreten, mit dem wir so nicht gerechnet haben. Die gemeinsame Arbeit hat die Unternehmer viel näher zusammengebracht. Mit der Zeit ist ein großes Vertrauen gewachsen, sodass wie jetzt auch auf anderen Gebieten Synergien bündeln. Wenn einer von uns beispielsweise ein Problem mit dem Qualitätsmanagement hat, ruft er den Kollegen an, von dem er weiß, dass er ein ähnliches Problem in seinem Unternehmen bereits gelöst hat. Früher hätte er davon gar nicht gewusst!“ Derzeit organisieren einige einsU-Mitglieder gemeinsam den Werkschutz. Läuft das Projekt erfolgreich, soll es eventuell auf ein Schulgelände ausgeweitet werden, an dem es immer wieder Probleme mit Vandalismus gibt – zum Wohle des Standorts Sundern.

 

Quelle: brandzeichen 2017

2022-02-08
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