Brandzeichen

Den Drachen im Nacken

Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau ist weltweit führend. Doch die chinesischen Wettbewerber holen auf. BRANDZEICHEN – das Welke Magazin – wirft einen Blick auf die aktuelle Lage der Branche, auf ihre größten Herausforderungen und auf die Zukunft.

Lea Heuchtkötter
2024-01-26
WCG GmbH & Co.KG

Maschinen- und Anlagenbau

Er ist der hierzulande größte Industriezweig und gehört neben der Automobil-, der Chemie- und der Elektroindustrie zu den Schlüsselindustrien der deutschen Wirtschaft: der Maschinen- und Anlagenbau. Die Branche setzt sich aus mehr als 6.000 Unternehmen zusammen, die insgesamt 970.000 Mitarbeiter (Stand: August 2012) beschäftigen – den größten Anteil der industriellen Arbeitnehmer in Deutschland. Mit einem Umsatz von rund 200 Milliarden Euro war der Maschinen- und Anlagenbau 2011 wieder einmal der wichtigste Wachstumstreiber der deutschen Industrie. Für 2012 und 2013 traut sich die Maschinenbau-Industrie – trotz Staatsschuldenkrise und Konjunkturabkühlung – ein weiteres Produktionswachstum von je zwei Prozent zu.

Die überwiegend mittelständisch geprägte Branche hat mit ihren global führenden „Nischenanbietern eine starke Stellung auf dem Weltmarkt. „Made in Germany“ dieser Schlüsselindustrie ist extrem vielschichtig: Zu ihr gehören Hersteller von Werkzeug-, Bau-, Druck- und Textilmaschinen ebenso wie Unternehmen aus den Zweigen Robotik und Automation, Antriebstechnik, Armaturen oder Verfahrenstechnik – die Liste ließe sich noch lange fortführen. Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) unterscheidet in insgesamt 38 Teilbranchen. „Bei einem solch breiten Spektrum und einer dementsprechenden Vielfalt an Produkten liegt es auf der Hand, dass es nicht allen Zweigen gleich gut geht", erklärt Verbandspräsident Thomas Lindner, Vorsitzender der Geschäftsführung der Groz-Beckert KG, Weltmarktführer im Bereich Industrienadeln. "Sehr gut laufen im ersten Halbjahr 2012 beispielsweise die Geschäfte der Unternehmen aus den Bereichen Fördertechnik, Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen, Verfahrenstechnik, Werkzeugmaschinen sowie der Landtechnik,  während die meisten Hersteller von Holzbearbeitungs- und Textilmaschinen sowie Verfahrenstechnischen Maschinen zu kämpfen haben." Die deutschen Maschinenbauer sind aber zuversichtlich, dass in diesem Jahr das Rekord-Produktionsvolumen von 2008 von rund 200 Milliarden Euro wieder erreicht wird.

Herausforderer und Herausforderung China

Wichtigste Säule des Maschinen- und Anlagenbaus ist – wie in der deutschen Industrie allgemein – der Export. Mit einem Welthandelsanteil von 16,8 Prozent sind die deutschen Maschinenbauer nach wie vor Exportweltmeister. Weltweit sind sie führend: In 29 von 32 international vergleichbaren Fachzweigen sind deutsche Firmen unter den Top-3-Anbietern, bei der Hälfte sogar Weltmarktführer. Allerdings ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis die Spitzenstellung der Deutschen von den Chinesen abgelöst wird: China ist bereits heute der mit Abstand größte Maschinenproduzent mit einem Volumen von 563 Milliarden Euro. Das Land produziert sehr viel für den Binnenmarkt, ist aber schon viertgrößter  Maschinenexporteur, Tendenz stark steigend. Bereits in acht von 32 Fachzweigen ist China führende Exportnation.

„Treiber des chinesischen Wettbewerbs ist zum einen die Tatsache, dass die Aufnahmefähigkeit des lokalen Marktes für Ausländer häufig nicht erfassbar ist", erläutert Lindner die Situation. „Zum anderen umfasst das Volumen oft ein Mehrfaches des europäischen oder amerikanischen Marktes, sodass chinesische Hersteller bei der Produktion erhebliche Kostenvorteile realisieren können.“ Und es gibt noch einen weiteren Grund, warum die deutschen den chinesischen Wettbewerb in Zukunft stärker spüren werden: Chinas Fünf-Jahres-Plan für den Maschinenbau und seine Technologie- und Innovationspolitik führen weg vom mengenmäßigen Wachstum hin zu einem qualitativen Wachstum. Damit wird auch im Maschinenbau die Abhängigkeit von ausländischen Technologien verringert werden.

Auch auf den Exportmärkten werden die deutschen Hersteller den chinesischen Wettbewerb in Zukunft stärker spüren. Gefördert durch staatliche Banken und abgesichert durch die staatliche Exportkreditversicherung werden vor allem die Entwicklungsländer in Afrika sowie Schwellenländer in Asien und Lateinamerika von China systematisch bearbeitet. Und dies alles ohne die Einhaltung der international abgestimmten Standards bei Exportfinanzierungen. „Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau muss also hart an sich arbeiten, um die passenden Antworten auf die chinesische Herausforderung zu finden", so Lindner.

Produktpiraterie

Die Attraktivität der deutschen Maschinen und Anlagen hat ihren Preis: Sie werden gerne kopiert. Die Produktpiraterie ist eines der dringendsten Probleme der Branche. Der VDMA schätzt den Umsatzverlust, der den deutschen Maschinen- und Anlagenbauern 2011 durch Produktpiraterie entstanden ist, auf 7,9 Milliarden Euro – eine Steigerung um 24 Prozent (2010: 6,4 Milliarden Euro). Ein Umsatz in dieser Schadenhöhe würde der Branche knapp 37.000 Arbeitsplätze sichern. Mehr als zwei Drittel der Maschinen- und Anlagenbauer sind betroffen, darunter am häufigsten Hersteller von Textilmaschinen, Kunststoff- und Gummimaschinen. Neun von zehn Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern werden plagiiert. Bei kleinen Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern ist jedes zweite Unternehmen betroffen.

Plagiate werden inzwischen vor allem von Komponenten (52 Prozent) hergestellt, gefolgt von ganzen Maschinen mit 48 Prozent, und Ersatzteilen mit 36 Prozent. Die Volksrepublik China wird in Bezug auf Produktpiraterie weiterhin mit Abstand am häufigsten genannt: Fast drei Viertel der Unternehmen gaben als Ursprungsland der Fälschungen das Reich der Mitte an. Chinas Anteil am Gesamtmarkt der Plagiate ist jedoch zum ersten Mal rückläufig. Bereits mehr als ein Viertel der Unternehmen hat Plagiate bei deutschen Wettbewerbern entdeckt.

Megatrends im Maschinenbau

Globalisierung, Bevölkerungswachstum, die weiter fortschreitende Urbanisierung und die Veränderungen des Klimas sind die großen Herausforderungen der Welt. Es sind zugleich die großen Aufgaben, denen sich der Maschinen- und Anlagenbau widmet. „Unsere Branche kann die Antworten darauf geben, wie die dringendsten Zukunftsprobleme der Menschen weltweit, nämlich Energie, Umwelt, Rohstoffe, Wasser und Hunger, durch den Einsatz von Technik und Technologien gelöst oder bekämpft werden können", so Präsident Lindner. „Deshalb ist zum Beispiel auch die von der Bundesregierung politische vorgegebene Energiewende eindeutig ein Investitionsprogramm für den Maschinenbau."
 
Insbesondere in Asien und Lateinamerika rechnet der Verband mit einem immens steigenden Bedarf an Energie und an industriell hergestellten Produkten – und damit für Maschinen, die die Güter des täglichen Gebrauchs produzieren, für Maschinen, die den effizienten Einsatz erneuerbarer Energien oder den steigenden Bedarf an Mobilität und eine intelligente Infrastruktur garantieren.

Technologien für mehr Nachhaltigkeit

Mit grünen Produktionstechnologien – entlang der gesamten Wertschöpfungskette – leisten die deutschen Maschinen- und Anlagenbauer weltweit einen entscheidenden Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit. Beim Thema Erneuerbare Energien und Effizienztechnologien sind die deutschen Firmen auf breiter Front vorne. Mit ihren Innovationen machen die Maschinen- und Anlagenbauer den Umwelt- und Klimaschutz sowie Ressourceneffizienz erst möglich. So sind die Fortschritte bei der Energiespeicherung durch verschiedene Batterietechnologien beeindruckend. Auch die deutsche Windenergie hat große Pläne. Geplant sind Turbinen mit der dreifachen Leistung von heute, nämlich 20 Megawatt. Die Rotorblätter sollen einen Durchmesser von 250 Meter haben mit 153 Metern Nabenhöhe. Langjähriges Know-how und eine Zusammenarbeit entlang der ganzen Wertschöpfungskette – mit diesem Vorteil ausgestattet will die deutsche Windindustrie weiterhin weltweit führend sein.

Der globale Wasserverbrauch steigt kontinuierlich. Die Folge: Hochindustrialisierte Länder, insbesondere diejenigen mit Megacities, als auch Drittweltländer kämpfen mit dem Problem der mangelnden Grundwasserversorgung. Maschinen- und Anlagenbauer bieten schon jetzt energieeffiziente und energieerzeugende Lösungen an: Energieautarke Steuerungssysteme zur Automatisierung laufender Betriebe genauso wie Wasserspar- und Recyclingmodelle für neue Wohnsiedlungen. Auch der Landwirt von heute arbeitet satelliten- und rechnergestützt mit High-Tech-Maschinen.

Industrie 4.0

Die Welt steht vor einer technischen Umwälzung. Eine veränderte Wertschöpfungskette in den Fabriken bewirkt, dass heute nicht mehr die Maschine „blind“ ein Werkstück bearbeitet, sondern dass das Werkstück der Maschine sagt, was zu tun ist. Das Werkstück kennt seine Konfiguration und seinen Empfänger. Es löst Materialbestellungen ebenso aus, wie es sich zum richtigen Auftraggeber lotst. Hochentwickelte Software arbeitet mit Hightechmaschinen – zusammen treffen sie Entscheidungen und minimieren menschliche Fehlerquellen. Der VDMA nennt diese Entwicklung „Industrie 4.0“.

Die gesamte Wertschöpfungskette steht vor einem Umbau. Daraus folgen Veränderungen bei Kommunikation, Planung, Logistik und Produktion. Industrie 4.0 verbindet die Welt der Produktionstechnologien mit der Intelligenz der Produktionsprozesse in den Produkten, verbindet die virtuelle mit der realen Fertigungswelt. So entsteht eine eigene dezentrale Intelligenz; Prozesse werden vernetzt und selbststeuernd. Die Entwicklung geht weg von einer zentralen Fabriksteuerung zu einer dezentralen. Der Rohling sagt, wie er bearbeitet werden soll. Er beantragt beim Roboter: „Bitte färbe mich rot“, oder „Bearbeite mich an dieser Stelle“. Das ist eine Umkehrung der bisherigen Produktionslogik.

Doch die Intelligenz in der Produktion steht erst am Anfang. In Zukunft sollen Maschinen in der Lage sein, ihren eigenen Zustand, z. B. die Füllmengen von Farbe, Öl oder Kühlflüssigkeiten zu erkennen und sich selbstständig mitzuteilen. Über das Internet könnte eine Produktionsanlage einen Spezialisten irgendwo auf der Welt darüber informieren, dass ein Eingreifen nötig ist. Robotik und Automation sind dabei die Schlüsseltechnik, die den industriellen Alltag maßgeblich beeinflusst. „Zukünftig werden mobile Roboter, Hochleistungssoftware und neue Produktionstechniken unseren Arbeitsalltag bestimmen", ist sich Lindner sicher.

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