Mit gutem Design gelingt dies so viel wirkungsvoller als über alle anderen Wege der Kommunikation. Studien aus der Neurowissenschaft haben ergeben, dass Bilder, Farben und Formen vom menschlichen Gehirn deutlich schneller aufgenommen werden als beispielsweise geschriebene oder gesprochene Texte. Hinzu kommt, dass der Mensch mit visuellen Reizen sofort immer auch bestimmte Emotionen verbindet – und zwar nicht nur beim Anblick des viel zitierten lächelnden Babygesichts oder des Traumstrandes, sondern bei jeder Art von visuellem Reiz. Der italienische Autodesigner Walter Maria de Silva brachte dies mit den Worten „Design ist auch das, was man nicht sieht" auf den Punkt.
Mit klug gewählten und kombinierten Farben, Formen, Bildern und Schriften können wir ein prägnantes und unverwechselbares Erscheinungsbild des Unternehmens erschaffen und dieses fest in der Wahrnehmung der Menschen verankern. Die Gestaltung sollte dabei zwingend die Identität des Unternehmens, seine Haltung und seine Werte widerspiegeln. Dies erfordert viel Vorarbeit, denn nicht jedes Unternehmen ist sich seiner Identität und seiner Werte bewusst. Sind diese aber einmal bis in die Tiefe herausgearbeitet und formuliert, hat die Grafikagentur eine Grundlage für seine Arbeit. Dann liegt es nur noch an seiner Kunstfertigkeit, sie zu visualisieren.
Aber: Nichts ist in Stein gemeißelt. So wandlungsfähig wie die inneren Faktoren eines Unternehmens sind, so muss es auch sein Corporate Design sein. Denn Anlässe, das Corporate Design anzupassen gibt es viele, interne wie externe. Zu den internen Gründen gehören beispielsweise Änderungen im Leistungsangebot, neue Produkt- oder Dienstleistungsmarken, modifizierte Produktionsverfahren und –prozesse, eine verstärkte Internationalisierung oder die Erschließung neuer Zielgruppen sowie ein Generationswechsel in der Unternehmensleitung. Zu den externen Impulsen zählen etwa ein neuer Zeitgeist, ein verändertes Kommunikationsverhalten oder sich wandelnde Werte in der Gesellschaft.
Der Haushaltsgerätehersteller Vorwerk etwa stand vor einigen Jahren vor dem Problem, dass das Vorzeigeprodukt des Unternehmens, der Staubsauger „Kobold“, Umsatzeinbußen in Deutschland verzeichnete. Außerdem hatten Marktforschungsumfragen ergeben, dass die Marke bei jüngeren Zielgruppen als altmodisch galt. Das Management verstand die Warnsignale und ließ dem Traditionsunternehmen ein neues Corporate Design verpassen, welches die Werte, für die Vorwerk steht – Innovationskraft, Qualität, Kundennähe – deutlich besser widerspiegelt als das alte CD, in dem die Innovationskraft so gut wie gar nicht zum Ausdruck kam. Die angestaubte Markenfarbe Grün wurde ihrer Dominanz beraubt und setzt im neuen Design nur noch Akzente. Die neuen Hauptfarben Weiß und Anthrazit muten jünger und moderner an. Auch das Produktdesign und die Markenwelt der Vorwerk-Shops wurden gemäß dem neuen CD überarbeitet. Mit Erfolg: Der „Kobold“-Umsatz stieg in den Folgejahren um rund ein Viertel an, der Alleskönner „Thermomix“ verzeichnete in der gleichen Zeit sogar ein Umsatzplus von 80 Prozent.
Vorwerk ist offensichtlich der Spagat eines jeden guten Redesigns gelungen: sich zu erneuern, ohne sich selbst untreu zu werden. Oder, anders ausgedrückt: für neue Zielgruppen attraktiv zu werden, ohne die Stammkunden zu vergraulen. Dies ist gelungen, weil die oberste Maxime einer CD-Anpassung berücksichtigt wurde: Das Corporate Design muss zu jeder Zeit 100%iger visueller Ausdruck der Marke sein, die es repräsentiert.